Statistik mit R für Umweltwissenschaftler:innen
Master Modul “Research Methods”
Empfohlenes Zitat:
Dengler, J., Egeler, G.-A., Hepenstrick, D. & Widmer, S. 2022. Statistik mit R für Umweltwissenschaftler:innen. Skript Version 28. Institut für Umwelt und Natürliche Resourcen (IUNR), ZHAW, Wädenswil, CH.
Korrekturhinweise und Verbesserungsvorschläge an juergen.dengler@zhaw.ch sind willkommen.
Vorwort
Jürgen Dengler
Ich bin Ökologe, kein Statistiker. Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) wurde ich vor gut sechs Jahren, als ich am IUNR als Dozent und Leiter der Forschungsgruppe Vegetationsökologie gefragt, ob ich nicht den Statistikteil im “Research Methods”-Modul des neuen Masterstudiengangs “Umwelt und Natürliche Resourcen” übernehmen würde. Ich habe zugesagt, obwohl ich mir der doppelten Herausforderung klar war: (1) als statistische Autodidakt Statistik zu lehren und (2) dies nicht nur für ÖkologInnen, sondern für angehende UmweltingenieurInnen im Allgemeinen zu tun, deren Interessen von Umweltbildung bis zu Umwelttechnologien reichen und die gleichermassen im naturwissenschaftlichen wie im sozialwissenschaftlichen Bereichen unterwegs sind.
Der Kurs hat sich über die Jahre weiterentwickelt, vor allem durch konstruktiv-kritisches Feedback der Studierenden. Während nur wenige der ehemaligen TeilnehmerInnen vermutlich von sich behaupten würden, im Modul zu begeisterten Statistikfans geworden zu sein, so konnte ich doch in nachfolgenden Mastermodulen (etwa der “Summer School Biodiversity Monitoring” oder bei Präsentationen von Masterarbeiten) feststellen, dass viele das Handwerkszeug sehr solide gelernt haben und souverän anwenden konnten. Manche konnten am Ende des Masterstudium durch stetiges Learning by doing in der offenen Plattform R sogar statistische Fähigkeiten vorweisen, die deutlich über das im Kurs selbst vermittelte hinausgehen. Ja, acht halbe Kurstage sind extrem wenig, um auch nur die wichtigsten Grundlagen der Statistik zu lernen. Wenn ihr erfolgreich sein wollt, müsst ihr also aktiv mitmachen und mehr Quellen nutzen als nur unsere Inputs im Modul.
Ich hatte eigentlich nicht vor, ein Skript zum Kurs zu erstellen, obwohl das Studierende auch in den Vorjahren immer wieder gewünscht haben. Der Aufwand dafür schien mir zu gross – auch in Relation zu den Stunden, die mir für den Kurs zur Verfügung stehen. Ausserdem fand ich, dass das Lernsetting in den Vorjahren mit einer Vorlesung mit vielen Interaktionen mit den Studierenden, gefolgt von der Vorführung und Diskussion von Demo-R-Skripten und schliesslich betreuten Übungen angemessen und recht effizient war. Dann kam bekanntlich Covid-19 und im Herbstsemester 2020 war alles anders. Wir haben entschieden das “Methodenmodul” aus epidemologischen Gründen ohne physischen Kontakt zu euch durchzuführen. Ich hätte wie andere Dozierende in dieser Situation mit Screencasts arbeiten können, aber ohne die Möglichkeit, dabei auf eure Fragen direkt eingehen zu können, schien mir das wenig erfolgsversprechend. Auch den ganzen Vormittag lang online-Kurs zu halten, schien mir für euch wie für uns Dozierende unzumutbar. Insofern habe ich mich nach Diskussionen mit den anderen Beteiligten entschieden, doch ein Skript zu erstellen. Die Idee ist, dass ihr es vorgängig zu den Kurstagen lest und wir dann in einem gemeinsamen Online-Raum auf Zoom, im Sinne eines “inverted classroom” eure offenen Fragen diskutieren können und ich ggf. Punkte, die nicht alle verstanden haben noch einmal “live” erklären kann.
Das hier vorliegende Skript ist zunächst die Verschriftlichung der Vorlesungsfolien der letzten Jahre. Aber viele Aspekte, die auf den Folien nur in Stichpunkten auftauchten, da sie im Kurs live besprochen wurden, sind jetzt eben auch ausformuliert. Nebenbei wurde natürlich manch Anderes auch noch verbessert, ergänzt und aktualisiert. Nichtsdestotrotz ist es die erste Fassung dieses Skriptes und alle Unzulänglichkeiten seien mir nachgesehen. Verbesserungsvorschläge sind jederzeit willkommen.
Wichtig ist, dass dieses Skript nicht als alleiniges Lehrmaterial gedacht ist. Genauso wichtig sind die gemeinsamen Präsenz-Lektionen mit Diskussion des theoretischen Stoffes und der Vorführung (Demo) exemplarischer R-Codes sowie die Übungen und deren Besprechung. Ich empfehle euch auch, begleitend auch andere Quellen zu nutzen, insbesondere wenn einige von euch meine Erklärungen schwer verständlich finden sollten. Welche Form der Informationsbereitstellung jemand eingängig findet, ist individuell sehr verschieden. Für Statistik 1–5 empfehle ich euch insbesondere das Lehrbuch von Crawley (2015), welches das offizielle Begleitlehrbuch zum Kurs ist. Ich werde auch nicht alle Details aus Crawley (2015) im Kurs wiederholen. In den ersten drei Durchführungen haben wir noch das Buch von Logan (2010) verwendet, das ausführlicher ist und “Kochrezepte” auch für komplexere Fälle bietet, die über das hinausgehen, was wir im Kurs behandeln können. Der Vorteil von Crawley (2015) ist, dass das Buch knapper ist und nicht nur auf biologische Fälle, sondern auf beliebige Disziplinen bezogen. Trotzdem ist Logan (2010) weiterhin eine empfehlenswerte Quelle für inferenzstatistische Methoden. Leider gibt es nach meiner Sichtung von etwa zwei Dutzend Statistikbüchern mit R, keines das gleichermassen die Inferenzstatistik und die deskriptiv-multivariate Statistik in der für den Kurs angemessenen Tiefe behandelt. Man könnte das Mammutwerk von Crawley (2013) nennen, aber trotz über 1000 Seiten sind dort die multivariat-deskriptiven Methoden nur sehr kurz (aber immerhin) behandelt und es ist eher ein Kompendium als ein Lehrbuch. Insofern werde ich für Statistik 6–8 auf andere Quellen zurückgreifen, insbesondere auf das exzellente Lehrbuch von Borcard et al. (2018), das aber weitestgehend inferenzstatistischen Methoden aussen vorlässt und die multivariat-deskriptiven aus der alleinigen Sicht von ÖkologInnen beschreibt. Zu guter Letzt möchte ich noch das Buch von Quinn & Keough (2002) empfehlen, das m. E. die ganze Bandbreite statistischer Methoden für ÖkologInnen beschreibt und hervorragend mit vielen Beispielen erklärt, aber eben aus der “Vor-R-Zeit”, mithin ohne Beispiel-Code. Da nahezu alle aus meiner Sicht empfehlenswerten aktuellen Statistikbücher auf Englisch sind, dieses Skript jedoch auf Deutsch, habe ich im Skript wichtige Fachtermini in beiden Sprachen angegeben (Englisch ist dann kursiv), um eine leichtere Verknüpfung zu schaffen.
Im Skript wird die Theorie beginnend mit den einfachsten statistischen Verfahren (die den Masterstudierenden schon geläufig sein sollten) sukzessive aufgebaut, wobei an geeigneten Stellen wichtige Grundsätze (z. B. unabhängigkeit der Messwerte, Voraussetzungen für Tests etc.) erklärt werden, die für die Statistik insgesamt relevant sind. Die Theorie ist immer mit dem entsprechenden R-Code kombiniert, einschliesslich der Interpretation der textlichen und grafischen Ausgaben von R. Das Skript enthält nur Auszüge des R-Codes, der in Gänze im Unterricht (in der jeweils zweiten Lektion) vorgestellt und besprochen wird. Da es in diesem Kursteil um das Verständnis der Statistik geht, wurde kein grosser Aufwand auf das “Optimieren” des visuellen Outputs gelegt, welches den Code wesentlich verlängert und den Blick vom “Eigentlichen” abgelenkt hätte.
Quellen
- Borcard, D., Gillet, F. & Legendre, P. 2018. Numerical ecology with R. 2nd ed. Springer, Cham, CH: 435 pp.
- Crawley, M.J. 2013. The R book. 2nd ed. John Wiley & Sons, Chichester, UK: 1051 pp.
- Crawley, M.J. 2015. Statistics – An introduction using R. 2nd ed. John Wiley & Sons, Chichester, UK: 339 pp.
- Logan, M. 2010. Biostatistical design and analysis using R: a practical guide. Wiley-Blackwell, Chichester, UK: 546 pp.
- Quinn, G.P. & Keough, M.J. 2002. Experimental design and data analysis for biologists. Cambridge University Press, Cambridge, UK: 537 pp.